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Around the Block Nr. 8: Die Verheißung und das Potenzial synthetischer Assets

Around the Block Nr. 8: Die Verheißung und das Potenzial synthetischer Assets

Coinbase Around the Block beleuchtet wichtige Sachverhalte im Kryptobereich näher. In dieser Ausgabe schaut Justin Mart sich die Landschaft der synthetischen Assets sowie weitere interessante Neuigkeiten in diesem Bereich an.

Die meisten dezentralisierten Finanzbereichsanwendungen (DeFi-Anwendungen) schauen heute wie exakte Kopien herkömmlicher Finanzprodukte aus. Sie können einen Token gegen einen anderen eintauschen, Token in einem Geldmarkt aus- oder verleihen und sogar an einer Börse mit Nachschussforderungen und Fremdfinanzierung handeln.

Doch die DeFi kann so viel mehr. Blockchains sind offene globale Plattformen, die in ihrem Kern programmierbare Werte tragen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die DeFi etwas wirklich Einzigartiges hervorbringt, das kein Gegenstück in unserer herkömmlichen Welt besitzt.

Das erste mögliche Beispiel: synthetische Assets

Was sind synthetische Assets?

Synthetische Assets stellen einen neuen Typ von Derivaten dar. Zur Erinnerung: Derivate sind Assets, deren Wert auf einem anderen Asset oder Vergleichswert basiert. Dinge wie Futures und Optionen sind Transaktionen, bei denen Käufer und Verkäufer Kontrakte austauschen, die zum Beispiel den zukünftigen Preis einer Ware verfolgen.

Die DeFi fügt da noch etwas ganz Eigenes hinzu: Synthetische Assets sind  Token, die die digitalen Gegenstücke von Derivaten darstellen. Während Derivate Finanzkontrakte sind, die ein spezifisches Engagement in einem zugrundeliegenden Wert oder einer zugrundeliegenden Finanzposition bieten, so sind synthetische Assets einfach tokenisierte Repräsentationen ähnlicher Positionen.

Synthetische Assets verfügen daher über einzigartige Vorteile:

  • Ihre Erschaffung erfordert keine Erlaubnis: Blockchains wie Ethereum geben jedem die Möglichkeit, synthetische Asset-Systeme zu erstellen

  • Einfacher Zugang und Übertragbarkeit: Synthetische Assets sind frei übertragbar und handelbar

  • Globale Liquiditätspools: Blockchains sind per Definition global, jeder kann weltweit daran teilnehmen

  • Kein Risiko einer zentralen Partei: Es gibt keine zentralen Parteien mit beherrschender Kontrolle

Was sind Beispiele dafür?

Synthetische Assets können physische Assets tokenisieren und sie dadurch auf die Blockchain verlagern und ihnen auf diese Weise alle der oben aufgezählten Vorteile verleihen. Stellen Sie sich Folgendes vor: Jede Person auf der Welt kann einen Token, der die Wertentwicklung des S&P 500 verfolgt, kaufen und kann diesen Token dann als Besicherung in anderen DeFi-Projekten wie Compound, Aave oder MakerDao nutzen. Dieses Modell kann auf Rohstoffe wie Gold oder Getreide, Aktien wie TSLA oder Indizes wie den SPY, Schuldtitel wie Anleihen und beliebige andere Dinge erweitert werden.

Und wenn man Letzteres genauer betrachtet – ist das genau der Punkt, wo es interessant wird. Wir sind nicht mehr so weit davon entfernt, exotische, neuartige Instrumente wie Popkulturmärkte, Meme-Märkte, Märkte für persönliche Token usw., die über synthetische Assets gehandelt werden können, zu entwickeln.

Und die implizierte Marktgröße ist beträchtlich, wenn man bedenkt, dass die synthetische Version eines beliebigen Assets auf die Blockchain verlegt werden kann. Nur als Referenzpunkt: Das gesamte globale Aktienhandelsvolumen im ersten Quartal 2020 betrug ca. 32,5 Billionen USD. Dieses Volumen könnte theoretisch teilweise durch synthetische Versionen ersetzt werden, die auf Basis eines globalen Liquiditätspools mit offenem und freiem Zugang für alle Teilnehmer weltweit, gehandelt werden.

Ein spezielles Beispiel: Die Poop-Börse

Ende 2019 hatten einige Entwickler eine Idee und veröffentlichten einen Prototyp – was wäre, wenn wir ein synthetisches Asset entwickeln, das die Häufigkeit der gesichteten Kothaufen („Poop“) in San Francisco verfolgt? Die Tokenbesitzer profitieren, wenn mehr Poop gesichtet wird und der Tokenemittent profitiert, wenn die Anzahl der Poop-Sichtungen sich reduziert. All dies geschieht unter Verwendung eines Oracles, das einfach die Anzahl der gesichteten Poop-Haufen berichtet.

Dieser Poop-Tokenmarkt könnte Anreize für die Lokalverwaltung von San Francisco mit einbeziehen. Wenn die Stadt San Francisco Poop-Token emittiert, dann hat sie einen Anreiz, die Straßen zu säubern, um davon zu profitieren. Im Gegensatz dazu könnten die Bürger von San Francisco Poop-Token als emotionale Absicherung kaufen, um sicherzustellen, dass sie zumindest Geld verdienen, auch wenn die Straßen nicht sauberer werden. Dies ist nur ein einfaches Beispiel, doch es hebt das Potenzial synthetischer Assets und von Märkten für alle möglichen Dinge hervor.

ATB Nr. 8 | Poop-Sichtungen

Welche Arten synthetischer Asset-Plattformen gibt es heute?

Universal Market Access (UMA)*

UMA ist ein synthetisches Asset-Protokoll, das jedem Teilnehmer gestattet, traditionelle Finanzprodukte, exotische kryptobasierte Produkte und vieles mehr nachzubilden. Über UMA kommen zwei Gegenparteien zusammen, um genehmigungsfrei („permissionless“) einen beliebigen Finanzkontrakt zu erstellen, der mithilfe wirtschaftlicher Anreize besichert ist (Pfand) und über Smart Contracts auf Ethereum durchgesetzt wird. Dank der globalen, offenen Struktur von Ethereum werden die Einstiegshürden erheblich gesenkt, wodurch ein „universaler Marktzugang“ bzw. ein „Universal Market Access“ geschaffen wird.

Heute konzentrieren sich die Mitglieder der UMA-Community darauf, erst einmal tokenisierte Renditekurven zu bauen (z. B. yUSD), doch die Plattform kann von jeder beliebigen Person genutzt werden, um jede Art von Finanzkontrakt zu erstellen. Nur einige Beispiele dafür:

  • Krypto-basierte Kontrakte: Krypto-Futures-Token, Renditekurven, ewige Swaps usw.

  • Token, die Kryptowährungs- oder DeFi-Kennzahlen verfolgen: z. B. BTC-Dominanz, DeFi-TVL-Charts, Anteilscharts der dezentralisierten Börsen (DEX) oder andere beliebige Kennzahlen.

  • Traditionelle Finanzprodukte: US- und globale Aktien (z. B. TSLA- oder APPL-Token), private Rentenpläne, Versicherungs- und Rentenprodukte

  • Exotische Produkte: Das Beispiel mit Poop.Exchange, Popkultur-, Meme-Märkte usw.

ATB Nr. 8 | Wie es funktioniert: Ein Finanzderivat (für Äpfel)

UMA positioniert sich als das Protokoll für das Long-Tail aufregender und kreativer Finanzmärkte. Wie mit der Poop.Exchange könnten einige dieser Kontrakte dazu verwendet werden, Anreize grundsätzlich aufeinander abzustimmen – eine eineindeutige Innovation!

* Hinweis: UMA ist ein Portfoliounternehmen von Coinbase Ventures

Synthetix

Synthetix ist ein Protokoll, das auf Ethereum globale Liquidität für synthetische Assets schafft. Synthetix ermöglicht die Schaffung und den Handel diverser Anlageklassen, einschließlich von Kryptowährungen, Aktien und Rohstoffen, alle auf der Blockchain.

Token, die die Preise dieser Assets verfolgen, können innerhalb des Synthetix-Ökosystems, das zur Absicherung des Betriebs eine Kombination aus Pfand, Staking und Handlungskosten nutzt, gekauft und verkauft werden. Es sollte erwähnt werden, dass das Synthetix-Ökosystem derzeit dazu übergeht, ausschließlich auf einer Struktur bestehend aus DAOs betrieben zu werden. Der SNX-Token stellt hier den Fokus des gesamten Ökosystems dar. SNX können eingesetzt werden, um ein Pfand zur Unterstützung synthetischer Asset-Positionen zu liefern. Im Gegenzug können gleichzeitig Handlungskosten auflaufen und wie Governance-Token in den DAOs funktionieren.

Als die führende Plattform für synthetische Assets in der DeFi verfügt Synthetix aktuell über „Synths“ im Wert von mehr als 150 Millionen USD. Zu den wichtigsten darunter gehört sUSD, der Stablecoin der Plattform, der eine Marktkapitalisierung von knapp 100 Millionen USD aufweist.

Heute bietet Synthetix primär kryptobasierte synthetische Assets wie sETH und sBTC, sowie Index-Token wie sDeFi und sCEX an, die einen Korb von Assets verfolgen. Ein Großteil ihrer Attraktivität liegt in ihrem einzigartigen Marktdesign, wo die Assets gegen einen Oracle-Preis gehandelt werden, weshalb beim Kauf oder Verkauf keine Slippage entsteht.

Wöchentliches Synth-Handelsvolumen

Sonstige

Es sind derzeit mehrere weitere synthetische Asset-Plattformen in der Entwicklung, die die für sie spezifischen Kompromisse und Designentscheidungen aufweisen. Dazu gehören unter anderem  Morpher, DerivaDEX*, FutureSwap, DyDx, Opyn, Hegic und Augur.

* Hinweis: DerivaDEX ist ein Portfoliounternehmen von Coinbase Ventures

Fazit

Synthetische Assets sind neue Primitive, die durch das Ausreifen von Ethereum und das DeFi-Ökosystem ermöglicht werden. Doch wir stehen noch ganz am Anfang und sollten die diesem System innewohnenden Risiken nicht außer acht lassen:

  • Smart-Contract-Risiko: Exploits bei Smart Contracts sind möglich und synthetische Assets könnten attraktive Angriffsziele darstellen.

  • Governance-Risiko: Diese Plattformen werden mehrheitlich durch ihre dezentralisierten Teilnehmer geführt. Dies wurde im großen Rahmen bisher kaum getestet.

  • Oracle-Risiko: Viele synthetische Assets verlassen sich auf Oracles, um ordnungsgemäß zu funktionieren, doch diese verfügen über ihre eigenen Vertrauensannahmen und Ausfallarten.

  • Plattform-Risiko: Ethereum und andere zugrundeliegende Blockchains weisen, sobald sie skaliert werden, Performance-Probleme auf und zwar genau dann, wenn man sie gerade am dringendsten braucht. Die Gebührenmärkte können ineffizient sein und Frontrunning- oder Griefing-Attacken können Herausforderungen darstellen.

Sie sollten jedoch die Nachteile gegen das Potenzial abwägen. Synthetische Assets bieten einen offenen und globalen Zugang zu vorhandenen Finanzmärkten, die selbst ein wichtiges Primitiv darstellen. Doch sobald Sie sich detailliert damit beschäftigen, können Sie die Innovation hinter den Märkten für alle möglichen Dinge sehen.

Wir können diese Primitive potenziell nutzen, um ganz neuartige neue Finanzmärkte zu erschaffen, die Anreize grundlegend neu ausrichten und die Art, wie wir unser Leben leben, neu gestalten können.


Quick Hits: Kommentare zu erwähnenswerten Neuigkeiten

DEX-Volumen setzt, unterstützt durch neuartige geldpolitische DeFi-Experimente, starkes Wachstum fort

Dezentralisierte Börsen (DEX) mussten in der Vergangenheit mit Akzeptanzproblemen kämpfen und wiesen 2019 insgesamt nur ein Volumen von ca. 3 Mrd. USD auf. Doch 2020 ist das Volumen mit >20 Mrd. USD im bisherigen Jahresverlauf (YDT) und 15 Mrd. USD allein in den vergangen zwei Monaten stark in die Höhe geschossen.Dieser Wachstumstrend beschleunigt gleichzeitig die DEX-Akzeptanzkurve und rückt die DEX ins Rampenlicht.

DEX-Volumen

Dieses Volumen kommt von den ca. 200.000 aktiven Adressen im Laufe des vergangenen Monats (Uniswap allein hat ca. 160.000 erfasst, doch sicherlich gibt es Überschneidungen mit anderen Plattformen). Uniswap dominiert den DEX-Markt mit einem Marktanteil von ca. 45 % im bisherigen Jahresverlauf (und 70 % in der vergangenen Woche). Curve und Balancer sind weitere beliebte DEX mit einem Marktanteil von jeweils ca. 16 % und 7 % YTD, doch am Horizont sind bereits die neuen Wettbewerber Serum, Sushiswap und weitere zu erkennen.

Der Schlüssel zum DEX-Wachstum ist das Aufkommen mehrerer DeFi-Projekte mit neuartigen Geldmodellen. Diese werden in der Regel über sogenannte „Fair Launches“, also für alle Teilnehmer faire Einführungen, auf den Markt gebracht – es gibt bei ihnen keine Vorbesitzer, keine externe Finanzierung, eine festgelegte Menge und eine Verteilung einzig durch Yield Farming. Sie stellen eine experimentelle und durch die Spieltheorie geprägte Schicht dar, die es in dieser Form noch nicht gegeben hat. Einige Beispiele dafür sind:

Ampleforth (AMPL)

Ein bahnbrechendes Beispiel dafür ist Ampleforth (AMPL), das ein Wirtschaftsmodell hat, demzufolge der AMPL-Token immer einen Wert um 1 USD hat, indem die verfügbare Menge in einem Verfahren, „Rebasing“ bzw. „Rebasierung“ genannt, immer an den Bedarf angepasst wird. Dass heißt, wenn AMPL über 1 USD steigt, dann steigt das Guthaben jedes Teilnehmers, um den Preis der Einheit wieder zu drücken. Und wenn AMPL unter 1 USD sinkt, dann sinkt das Guthaben jedes Teilnehmers, um den Preis der Einheit wieder hochzutreiben. Beachten Sie dabei jedoch, dass Ihr Marktanteil ungeachtet der Rebasierung immer konstant bleibt.

AMPL-Kurs und Marktkapitalisierung

Yams (YAM)

Yam war eine überraschende Lancierung am 11. August, die angeblich innerhalb von 10 Tagen mithilfe von geborgtem Code aus mehreren bereits erprobten DeFi-Projekten entwickelt wurde. Yam funktioniert ähnlich wie AMPL, jedoch mit einigen Unterschieden:

  • Es gibt einen Rebasierungsmechanismus, der mit AMPL fast identisch ist und 1 USD anstrebt.

  • Es gibt eine Schatzkasse, die von den YAM-Inhabern kontrolliert und dadurch finanziert wird, dass ein Teil der Rebasierungen dazu genutzt wird, Stablecoins zu kaufen.

  • Es gibt Governance-Kontrakte, die die Inhaberschaft der Schatzkasse durch die Gemeinschaft ermöglichen, wo durch Abstimmungen entschieden wird, wie die Schatzkasse verwendet wird.

  • Es gibt eine faire Verteilung ohne Team- oder Investor-Tokenzuteilungen. Die Token werden vollständig über Yield Farming zugeteilt

Was folgte, war eine moderne DeFi-Story: die Lancierungsversion von YAM enthielt unglücklicherweise einen Fehler im Code des Rebasierungskontrakts und des Governance-Kontrakts. Diese überraschende Gegebenheit bedeutete, dass Reparaturversuche des Rebasierungskontrakts durch den Fehler im Governance-Kontrakt behindert wurden und im Endeffekt zu einem kaputten System führten, in dem Stablecoins in Höhe von 750.000 USD permanent feststeckten.

Die Folgen? YAM V1 ist kaputt, doch die Community leistete geschlossene Unterstützung, hat den Code geforkt und ist dabei, YAM V2 aufzulegen.

Nach AMPL und YAM kamen schnell weitere Token mit ihren eigenen einzigartigen Ausprägungen auf den Markt:

  • Spaghetti.Money: Ein über Yield Farming verdienter Token, jedoch ohne Governance (um nicht das gleiche Schicksal wie YAM zu erleiden) und deflationär ausgerichtet (1 % jeder Transaktion wird vernichtet)

  • Shrimp.Finance: Ein über Yield Farming verdienter Token, jedoch ohne Rebasierung. Shrimp wählte DICE und CREAM, zwei Token mit weniger Popularität für das Staking und demonstrierte so einen neuartigen Mechanismus zur Ansprache verschiedener Zielgemeinschaften

  • Zombie.Finance: Ein Token mit Yield Farming und Rebasierung mit einer zusätzlichen Regel, die dafür sorgt, dass Tokenbesitzer mit weniger als 1 ZOMBIE nach einer Rebasierung eliminiert werden

  • $BASED: Ein wirtschaftliches Feiglingsspiel (Game of Chicken), das mit Yield Farming begann und bald auf Rebasing übergehen wird

Und wer kann schon sagen, was der morgige Tag bringt. Diese Experimente finden in Echtzeit statt, mit echten Werten und werden bisher hauptsächlich auf dezentralisierten Börsen gehandelt.

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